Predigt vom 5. September 2021

Predigt 1. August 2021 Frauenaurach und 5. September 2021 Johanneskirche 1. Thess. 5, 14-24

Liebe Gemeinde!

Es gibt Bibeltexte, da kann man einfach nur „Ja und Amen!“ sagen. Die sind verständlich und sinnvoll, einfach so, wie sie dastehen. Der Predigttext heute ist so ein völlig sinnvoller, verständlicher, und auch äußerst hilfreicher Text. Wenn wir uns so verhalten, wie es hier steht, dann kommen wir weit und es geht uns gut dabei.

Es ist dabei kein unrealistischer Text, das Böse wird mit einberechnet. Wir aber haben andere Möglichkeiten. Wer Ohren hat, zu hören, kann die goldene Regel hören. In der positiven Fassung: So, wie du behandelt werden willst – so behandle die anderen auch!

Ich lese also aus dem

1. Brief an die Gemeinde in Thessaloniki Kapitel 5, 14-24

14 Wir ermahnen euch aber: Weist die Nachlässigen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann.16 Seid allezeit fröhlich,17 betet ohne Unterlass,18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.19 Den Geist löscht nicht aus. 20 Prophetische Rede verachtet nicht. 21 Prüft aber alles und das Gute behaltet. 22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.

Ja, ein wunderbarer Text, wunderbare Formulierungen sind da zu lesen: Gott wird benannt als „Gott des Friedens“

- grad in unseren Zeiten so ein wichtiger Hinweis: Wer auch immer meint, im Namen Gottes Menschen töten zu können, beleidigt Gott. Wer auch immer meint, im Namen Gottes Unfrieden stiften zu können, lästert Gott. Freilich, WIE Gott sich als Gott des Friedens durchsetzen wird, da gibt Fragen, offene Fragen. Ich halte mich dabei an das Versprechen, das auch hier steht: „Treu ist er, der euch ruft, er wird´s auch tun.“


Gut, ich bin auch ein bisschen voreingenommen mit meiner Liebe zu diesem Predigttext. Denn unser Trauspruch ist in hier enthalten. Mittendrin steht der Bibelvers, den mein Mann und ich uns für unsere Hochzeit ausgesucht haben und der uns seitdem begleitet: 16 Seid allezeit fröhlich,17 betet ohne Unterlass,18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.

Wir haben unseren Traupfarrer damals mit dem „betet ohne Unterlass“ ein bisschen durcheinandergebracht. Er fand das schwierig, man kann nicht herumlaufen und ununterbrochen beten. Man muss ja mal essen und schlafen und die Kinder erziehen, vom Arbeiten ganz zu schweigen… Aber eigentlich ist es klar: Wir nehmen es eben ernst, dass Gott überall da dabei ist. Ganz nah.

Wenn wir das so ernst nehmen, dann sind unsere Vorstellungen auch nicht so himmelweit weg von der Welt der Menschen in Thessaloniki um das Jahr 50 nach Christus. Sie stellen sich Christus auch ganz nah vor. Zusätzlich so nahe, dass er sich ganz, ganz bald sichtbar zeigt, die Zeit der Erde zu Ende ist und die Zeit des Himmels beginnt… Dieses unmittelbare Ende erwarten wir nicht mehr heutzutage. Aber mit der Nähe Gottes und Jesu Christi rechnen wir. Und können so auch den Thessalonicherbrief als auch für uns geschrieben hören und lesen.

Betet ohne Unterlass – das ist eben die Haltung, die damit rechnet, dass Gott ganz nah ist. Dann kann ich auch einfach mal kurz danken. Oder ein Stoßgebet zum Himmel schicken. Oder ganz bewusst Atem holen, den Lebenshauch von Gott empfangen – und wieder loslassen und mich dankbar freuen, dass das Einatmen ganz von selbst kommt, ohne jedes Nachdenken… Alle christlichen Kirchen kennen Wege, das Gebet mit dem Atem zu verbinden. Beim Einatmen: „Jesus Christus“ Beim Ausatmen: „erbarme dich meiner“. Oder noch kürzer: „Jesus“ beim Einatmen – und da ist dann dieser ganze besondere freundliche Mensch gegenwärtig – „Christus“ beim Ausatmen – und da ist dann der da, den Gott aus dem Tod geholt hat und der alle seine Leute durch den Tod hindurch ins Leben zieht. Ja, über den Atem kommen wir diesem „Betet ohne Unterlass“ ganz nah. Die ausdrücklichen Gebete gewinnen vom Atem – seien sie vor dem Essen oder am Morgen oder Abend oder wann auch immer Ihre Zeit der Ruhe vor Gott ist… J

Ja, viele von uns können diese wunderbaren Verse einfach hören und sich bestätigt fühlen in ihrer Art, mit sich und anderen umzugehen. „…tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann…. 21 Prüft aber alles und das Gute behaltet…“

Für manche aber mögen diese Verse unendlich schwer sein. Wenn die Tage dunkel sind und die Nächte nur aus Schwärze bestehen, wie soll man dann fröhlich sein, beten, danken, sich geduldig um das Gute mühen?

Vielleicht finden wir einen Ansatzpunkt genau da, wo es heißt: „seid dankbar in allen Dingen“. „in allem sagt Dank“. In allem – das heißt erstmal nicht „für alles“, sondern: in allen Situationen. Wo ich auch bin, was auch um mich herum ist, wie es mir selbst auch geht: Ich kann mit Gott sprechen. Und ich kann da trotz alledem sagen: Danke, Gott, dass du da bist! Dieser Dank kann umgeben sein von bitterer Klage oder großem Kummer! Die Psalmen machen uns das vor: Da wird das ganze Herz Gott ausgeschüttet. Die Gemeinheit böser Menschen wird benannt, die Angst hat Platz, ja die Verzweiflung. Und dann, dann gibt es oft auch noch oder auf einmal: Dank. Danke Gott, dass du da bist. Ja, vielleicht kann es so gehen, in allen Situationen dies ernst zu nehmen: Dass Gott da ist. Dass ich nicht alleine bin. Dass ich mit ihm sprechen kann. Danke, dass du da bist!

Wenn wir Gottes Nähe ernst nehmen, dann kann es auch sein, dass wir zu leuchten beginnen. Diesen etwas rätselhaften Satz „Den Geist löscht nicht aus“, den kann man genau so verstehen: Ja, gestatte es dir – und den anderen: zu leuchten. Hierzu habe ich einen Auszug aus einem Buch von Marianne Williamson mitgebracht, den Nelson Mandela in seiner Antrittsrede als Präsident von Südafrika verwandte:

Wir sind alle bestimmt, zu leuchten

Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht,
dass wir ungenügend sind.
Unsere tiefgreifendste Angst ist,
über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein.

Es ist unser Licht,
nicht unsere Dunkelheit,
die uns Angst macht.

Wir fragen uns, wer bin ich,
mich brillant, großartig,
talentiert, phantastisch zu nennen?

Aber wer bist du,
dich nicht so zu nennen?

Dich selbst klein zu halten,
dient nicht der Welt.
Es ist nichts Erleuchtetes daran,
sich so klein zu machen,
dass andere um dich herum
sich nicht unsicher fühlen.

Wir sind alle dazu bestimmt zu leuchten,
wie es die Kinder tun.
Wir sind geboren worden, um den Glanz Gottes,
der in uns ist, zu manifestieren.

Er ist nicht nur in einigen von uns,
er ist in jedem Einzelnen.

Und wenn wir unser Licht erscheinen lassen,
geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis,
dasselbe zu tun.

Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind,
befreit unsere Gegenwart
automatisch andere.

So wirke die Kraft des Geistes unter uns allen! Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp

Letzte Aktualisierung