Predigt vom 13. Dezember 2020

Predigt in der Johanneskirche am 3. Advent 2020. Lukasevangelium 1, 68-79

68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat besucht und erlöst sein Volk
69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils im Hause seines Dieners David
– 70wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –,
71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen,
72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern
und gedächte an seinen heiligen Bund,
73 an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham,
uns zu geben, 74 dass wir,
erlöst aus der Hand der Feinde,
ihm dienten
ohne Furcht 75 unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen.

76 Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen.
Denn du wirst dem Herrn vorangehen,
dass du seinen Weg bereitest
77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden,
78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes,
durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe,
79 auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes,
 und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

Liebe Gemeinde!

Ich nehme an, Sie kennen das Morgen-Grauen auch.

Wenn ich schon vor dem Aufwachen merke:  „oh je, am liebsten will ich die Augen gar nicht aufmachen!“ 

Wenn sich alles in mir weigert, aus dem warmen Bett zu schlüpfen.

Wenn ich mit der kalten Welt da draußen überhaupt nichts zu tun haben will.

Was hilft im Morgengrauen?

Viele kennen die hilfreiche Idee: ein Morgengebet. Ja das hilft.

Gerne würde ich mich mit Ihnen über Morgengebete austauschen:

Ob Sie eines frei sprechen? Oder ob Sie ein vorformuliertes Gebet nehmen? Ganz schlicht: „Herr, ich danke dir für die Ruhe der Nacht und das Licht des neuen Tages. Lass mich bereit sein, dir zu dienen. lass mich achten auf dein Gebot.“ Oder ausführlicher, etwa Luthers Morgen Segen?

[Des Morgens, wenn du aufstehst, kannst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen:

Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen

Darauf kniend oder stehend das Glaubens-

bekenntnis und das Vaterunser.

Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen:

Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, daß du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, daß dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde.

Als dann mit Freuden an dein Werk gegangen

und etwa ein Lied gesungen oder was dir deine Andacht eingibt.]

Ein ganz besonderes Morgengebet ist heute unser Predigt Text.

Da habe ich einen Bibeltext ganz neu vertieft kennengelernt.

Oft ist es sehr schön, Pfarrerin zu sein. Was mir besonders gut gefällt ist, dass ich so oft Lieder aussuchen darf, die dann im Gottesdienst gesungen werden. Damit die Sache nicht so ungerecht ist biete ich hiermit an, dass Sie mir auch gerne ihre Wünsche immer wieder einmal sagen können und das wird dann berücksichtigt!

Was mir auch gut gefällt ist, dass ich mich immer wieder vertieft mit Bibeltexten beschäftigen darf. Daraus habe ich großen Gewinn. So ging es mir mit dem Text, der für heute vorgesehen ist.

Natürlich habe ich diesen Lobgesang des Zacharias schon gekannt.

Ich wusste dass dieser alte Mann eine Zeitlang stumm war. Er hatte ja Dienst im Tempel getan, als ein Engel kam. Und ihm eine Geburt ankündigte. Zacharias und seine Frau Elisabeth aber waren schon in dem Alter, in dem man keine Kinder mehr kriegt. Deshalb glaubte Zacharias dem Engel nicht. Er fragte etwas vorwitzig nach einem Zeichen. Und er erhielt als Zeichen, dass er stumm werden würde. Bis zur Geburt.

Dann wurde der Sohn geboren. Johannes soll er heißen. Obwohl die Nachbarn sagen: „ Johannes?! Der Name kam doch noch nie in eurer Familie vor!“

Und dann wird Zacharias der Mund aufgetan und er betet und singt einen Psalm, der nicht nur zur Begrüßung eines neuen Kindes geeignet ist sondern eben auch als Morgengebet. Und das habe ich jetzt erst entdeckt.

Dieser Lobgesang des Zacharias gehört in der evangelischen wie in der katholischen Kirche zum Morgengebet. „Benedictus“ heißt dieses Gebet auch, nach dem ersten Wort „Gelobt“ auf Lateinisch.  Und es ist wirklich ein hilfreiches Morgengebet.

Wenn eine die Augen am liebsten gar nicht aufmachen möchte, wenn einer überhaupt nicht raus mag aus dem warmen Bett, dann dieses Gebet helfen:

Da sind zuerst einmal die Worte, die einen wunderbaren Rhythmus haben:

Gelobt sei der Herr der Gott Israels denn er hat besucht und erlöst sein Volk… In diesen Rhythmus kann ich mich hinein fallen lassen, die Worte wiegen mich, wie eine Mutter ihr Kind wiegt.

Zweitens wird ein großer Bogen aufgespannt: der Gott Israels der Diener David, die Väter und ich ergänze die Mütter, Abraham, die Propheten… Ein großer Bogen wird aufgespannt und ich werde mit hinein genommen in eine Reihe, die lange vor meiner Geburt begonnen hat und die nach mir auch weitergehen wird. Dieses Gebet nimmt mich mit hinein in das Volk, in das erwählte Gottesvolk. Nach wie vor empfinde ich es als Gnade, als Christine in Deutschland auch zu diesen Gottesvolk dazugehören zu dürfen.

Drittens: Der Besuch.

Dieses Gebet redet davon, dass Gott uns besucht.

Gott hat besucht und erlöst sein Volk. So heißt es zu Beginn des Gebetes.

Am Ende steht, dass uns durch Gottes herzliche Barmherzigkeit besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe.

Besuche - Das ist das was wir am sehnlichsten vermissen zur Zeit und noch lange Zeit vermissen werden. Dass Gott uns besucht, kann kein Virus verhindern.
Wenn ich im Morgengrauen die Augen zu kneifen und am liebsten gar nicht aufstehen will, dann sitzt Gottes Engel schon auf meinem Kopfkissen streicht mir über die Haare und sagt keine Angst, ich bin doch bei dir!


Gott hat sein Volk besucht. Und besucht so auch uns. Wie Abraham und Sara wie Hagar, wie Muse und Mirjam, wie Deborah wie David, wie Elisabeth und Zacharias. Und wie sie alle heißen, so besucht Gott auch uns.

Und am Ende des Liedes wendet sich die Aussicht auf Besuch in die Zukunft das aufgehende Licht aus der Höhe, es wird uns besuchen. Diese Jesus, das Licht der Welt, er hat seine Welt schon besucht. Auch dieser Besuch ist schon geschehen und nicht wieder rückgängig zu machen, das kann uns nicht genommen werden.

Gleichzeitig gilt da die Form des Futurs, der Zukunft weiter: Das aufgehende Licht aus der Höhe wird uns besuchen. Eines Tages so, dass alles in seinem Licht leuchtet.

In mein Morgengrauen schickt das aufgehende Licht aus der Höhe immer wieder seine Strahlen. Ich bin doch bei dir! Und manchmal ist es ein echter Sonnenstrahl, der durchs Fenster fällt!
 

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 

                                                                               Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp

Letzte Aktualisierung