Predigt
Pfarrerin Ulla Knauer
1. Sonntag nach Epiphanias (09.01.2022)
Predigt zu Jesaja 42, 1-9
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Hinführung (Puzzle)
Was macht man an kalten, regnerischen Wintertagen? Man sitzt zusammen, liest oder spielt. Ein Klassiker ist das Puzzle.
Ich persönlich muss zugeben, dass mir die kleinen Puzzles mehr liegen, die für Kinder, von mir aus noch eins mit 100 oder 200 Teilen. Alles machbar und nach einer halben oder ganzen Stunde hat man einen Erfolg.
Zu Weihnachten bekam unser Sohn ein 1000-er Puzzle geschenkt. Sie merken, ich bin etwas ungewiss, wann dieses Langzeitprojekt geschafft sein wird.
Als ich mich auf den Gottesdienst vorbereitete, und sah, dass der Predigttext aus Jesaja stammt, musste ich an das Puzzle denken. Das Jesajabuch mit seinen vielen Kapiteln und drei großen Teilen, ist für mich wie so ein großes Puzzle. Der Prophet und die Tempelschreiber, die seine Worte gesammelt und komponiert haben, hatten die Worte Jesajas vor sich wie 1000 Puzzleteile. Da gibt es die ganz dunklen Teile, voller Zorn und Düsternis, die das Trauma Israels aufarbeiten wollen. Das Trauma: Jerusalem wurde erobert, zerstört, der Tempel abgerissen und geplündert. Viele Bewohner gefangen genommen. Und die Frage bleibt: Wer ist schuld? Sie empfanden ihr Schicksal als Strafe Gottes.
Und dann kommen im dritten Teil die helleren Puzzlesteine, leuchtend, zauberhaft, aufbauend. Wer die Worte hier liest, baut im Puzzle einen hell leuchtenden Teil, eine Welt harmonisch aus Natur und Menschheit, voller Freude. Der Grund: Eine Verheißung. Gott wird kommen. Und wenn er kommt, schickt er seinen Messias, den Auserwählten.
Hören wir dazu den Predigttext aus Jesaja 42 in drei Teilen. Ich danke Herrn Schütz und Herrn Thumm für das Lesen:
Teil 1 (Verse 1-4) Verheißung und Charakterisierung des Messias / „Knecht Gottes“
So spricht der Herr:
Siehe, das ist mein Knecht, den ich halte,
und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.
Ich habe ihm meinen Geist gegeben;
ER wird das Recht unter die Heiden bringen.
2 ER wird nicht schreien noch rufen,
und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.
3 Das geknickte Rohr wird ER nicht zerbrechen,
und den glimmenden Docht wird ER nicht auslöschen.
In Treue trägt ER das Recht hinaus.
4 ER selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen,
bis ER auf Erden das Recht aufrichte;
und die Inseln warten auf seine Weisung.
Liebe Gemeinde! Das ist er. Ihn bekennen wir als Christen. Jesus Christus, der Messias. In ihm wird für uns die Verheißung war. Das Warten hat ein Ende.
Wie kommt er? Wie erscheint er? Nicht als starker König. Nicht als militärisch ausgerüsteter Feldmarschall. Nicht als bewaffneter Eroberer.
Klein als Kind erscheint er. Und doch von Anfang an mit Ausstrahlungskraft. Schon rund um die Geburt finden Menschen zu ihm. Die Hirten, die reichen Sterndeuter.
Er ist klein. Wie ein glimmender Docht.
Er ist still, wie ein geknicktes Schilfrohrblatt.
Und doch lebendig und stark und ewig, so dass selbst die Menschen auf entferntesten Inseln von ihm hören wollen, sogar auf ihn warten – so formuliert es Jesaja.
Seine Ausstrahlung erhält er von Gott.
In Jesaja spricht Gott selbst: „Ich halte ihn.“ „Meinen Auserwählten“ „Ich habe ihm meinen Geist gegeben“. Tiefste Verbundenheit wird spürbar. Die Worte erinnern auch an die Taufe Jesu im Jordan. Die Bestätigung für die ersten Zeugen, Er ist es. – Hören wir weiter:
Teil 2: (Vers 5) – Blick auf den Ursprung allen Heils: Gott
„So spricht Gott, der Herr:“
Es ist der Herr,
der die Himmel schafft und ausbreitet,
der die Erde macht und ihr Gewächs,
der dem Volk auf ihr den Atem gibt
und Lebensodem denen, die auf ihr gehen.
Während Jesaja an dieser großen, hellen Seite seines Puzzles baut, und mit jedem Wort, mit jedem Satz neue Hoffnung entsteht, stellt er sich die Frage: Woher kommt das alles, woher der Wille zu dieser wunderbaren Verheißung? Als Strafe hätten sie ja auch in ihrem Sumpf aus Zerstörung, Bosheit und Vertreibung hängen bleiben können.
Die Verheißung, das Wunder, die Rettung kommt allein aus Gottes Wille.
Er ist ein Gott, der das Leben will. Er ist kein ferner Gott, sondern Schöpfer aller Menschen.
Es sind nur 4 kurze Verse, und doch sind sie interessant und bewegend. In allen 4 Versen wird gesagt, was Gott schon seit Jahrtausenden tut. Wie er segensreich und tatkräftig eingreift in das Weltgeschehen:
1. Er ist der Schöpfer der Welt. Ohne ihn wäre kein Anfang geschehen.
2. Dazu gehören Himmel und Erde. Gott hat für das Zusammenspiel von Luft, Wasser und Erde gesorgt. Nur so entsteht Leben und Pflanzen und Nahrung. Nur so unterscheidet sich der blaue Planet von den Gesteinen im Weltall.
3. Er schenkt seinen Atem. Seinen Geist den Menschen. Damit sei leben, denken, handeln, aber auch kreativ sind, sich beschenken, singen, musizieren, malen, erschaffen.
4. Dieser Geist, der soll nun allen Menschen zugänglich sein. Es gibt nur 1 Gott, und er lädt alle auf der Welt ein ihn zu suchen und zu finden.
Das ist neu. Auf Jesajas Puzzle wäre vielleicht ein goldener Rahmen erkennbar um diese Erkenntnis. Zu Gottes Volk. Zu Gottes Familie kann fortan jeder gehören. Der Knecht Gottes, der Messias, für uns das Christuskind, wird dieses Gottesbild bestätigen und erneut einladen.
Hören wir noch einmal auf Jesaja:
Teil 3 (Verse 6-9): Der Messias, das Licht der Welt
(So spricht der Herr)
6 Ich, der HERR, habe dich gerufen in Gerechtigkeit
und halte dich bei der Hand.
Ich habe dich geschaffen
und bestimmt zum Bund für das Volk,
(Dich, Jesus Christus)
Dich hat er geschaffen,
zum Licht der Heiden,
7 dass du die Augen der Blinden öffnen sollst
und die Gefangenen aus dem Gefängnis führen
und, die da sitzen in der Finsternis, aus dem Kerker.
8 Ich, der HERR, das ist mein Name,
ich will meine Ehre keinem andern geben
noch meinen Ruhm den Götzen.
9 Siehe, was ich früher verkündigt habe, ist gekommen.
So verkündige ich auch Neues;
ehe denn es sprosst, lasse ich's euch hören.
Noch einmal wird Gottes Vorhaben unterstrichen. Keinen Zweifel soll es geben. Wieder hören wir „Ich halte dich!“ Christus kann handeln, weil er in Verbindung mit Gott steht. Jetzt wird für den Hörer, die Aufgabe des Messias konkretisiert. Was erleben die Menschen mit dem Retter? Der Bund zwischen Gott und seinem Volk wird vertieft und erneuert. Ausgeweitet über das Volk Israel über die ganze Welt. Außerdem ist sich die Verheißung sicher, werden Wunder geschehen. Blinde werden gesund. Gefangene werden frei.
Der da kommt, ist ein Licht, das man nicht mehr übersehen kann.
Was folgt und bleibt durch das Licht? Es folgt und bleibt die menschliche Entscheidung: Nehme ich die Einladung an und komme zum Licht, und werde selbst Licht für die Welt?
Oder lehne ich das Licht der Welt ab? Lehne ich Gott ab? Suche meinen eigenen Weg.
Vor dieser Entscheidung stehen die Menschen bis heute. Und auch heute noch erleben wir Traumata, haben bitterböse, tiefschwarze Puzzleteile des Lebens in der Hand oder vor Augen, die uns erschüttern.
Und doch finden wir im gleichen Puzzle diese hell leuchtenden Bereiche des Lichts.
Mit dem Puzzle des Lebens ist es so eine Sache. Wir kennen die Anzahl der Steine nicht. Immer wieder kommen neue dazu. Manchmal verändern sich sogar bereits Gesetzte, wenn wir dazulernen oder mit neuem Blick auf die Vergangenheit schauen.
Selbst Jesu Leben war keine goldene Straße. Schon wenige Kapitel später im Jesaja wird auch das schon dem Gottesknecht zugesprochen. Neben der Aufnahme in der Welt, der Ausweitung des Volkes, und der Wunder, werde es Verspottung, Leid und Gewalt geben.
Das Kreuz erinnert bis heute daran.
Und doch, auch damals an Ostern, und auch heute, hält Gott am Licht fest. Bleibt Gott der Schöpfer, der für uns einen Weg hat.
Auch zu unserem Lebenspuzzle gehören die leuchtenden Teile. Kommen wir darüber ins Gespräch, erzählen einander, wann das Leben für uns leuchtet, wann wir Gottes Geistkraft erlebt haben, und schenken uns so gegenseitig Mut, Vertrauen und Zuversicht.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
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