Predigt vom 5. Juni 2022 (Pfingstsonntag)

Predigt

Pfarrerin Ulla Knauer

Pfingstsonntag

(05.06.2022)

Predigt zu Römer 8, 1-11

 

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Einleitung:

Liebe Gemeinde,

ich predige heute in drei Teilen. Und ich probiere etwas aus. Auf einer Fortbildung erlebte ich die Form des biblischen Texttheaters. Hier liest man nicht nur den Text, sondern stellt ihn sich als gesprochene Sprache mitten im Leben vor, wie auf einem Marktplatz, oder zu Hause am Küchentisch.

In jedem der drei Predigtteile, erleben Sie also 1. Den Text neu in meiner Sprache. 2. Den Text im Original, und 3. Eine Deutung oder ein Angebot dazu. Gott segne unser Hören und Denken, möge sein Wort ein Licht auf unseren Wegen sein.

 

  1. Freude über das Leben in Christus

Texttheater:

Ich bin frei!

Christus Jesus hat mich frei gemacht!

Christus Jesus hat dich frei gemacht!

Keine Verdammnis mehr, keine Ängste mehr.

Ich bin frei!

 

Du fragst, wie hat er mich frei gemacht?

Wie hat der dich frei gemacht?

Es ist das Gesetz des Geistes.

Die Geistkraft macht mich lebendig.

Macht dich lebendig.

Führt dich in Jesus, den Auferstandenen,

den, der ewig lebt.

Darum lebe ich und du.

 

War das denn nicht unmöglich?

Ja, das war es. Früher. Immer wurden mir meine Grenzen klar. Meine Schwächen, meine Fehler.

Gott hat mir ja eine Anleitung gegeben, das Gesetz, die Gebote. Aber gibt es einen Tag, an dem ich alle einhalten kann? Ohne zu fehlen?

Unmöglich.

Aber Gott möglich.

Gott hat das Unmögliche möglich gemacht: Er sandte seinen Sohn, mitten hinein in unser begrenztes Leben.

Wozu? Er besiegt, er verdammt die menschlichen Grenzen. Die Sünde.

Wozu? Er bietet uns Anteil, an seiner Lebendigkeit, an seinem Geist. Er ruft: Komm!

Wozu? Gerechtigkeit. Einmal wird Gerechtigkeit herrschen. Einmal wird sein Reich vollendet sein. Mit uns.

Ich bin frei. Du bist frei. Wozu? Schon jetzt baue ich Gerechtigkeit mit Christus.

 

Aus dem Römerbrief im 8. Kapitel, Verse 1 bis 4:

So gibt es nun keine Verdammnis

für die, die in Christus Jesus sind.

2 Denn das Gesetz des Geistes,

der lebendig macht in Christus Jesus,

hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

3 Denn was dem Gesetz unmöglich war,

weil es durch das Fleisch geschwächt war,

das tat Gott:

Er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches

und um der Sünde willen

und verdammte die Sünde im Fleisch,

4 damit die Gerechtigkeit,

die das Gesetz fordert,

in uns erfüllt werde,

die wir nun nicht nach dem Fleisch wandeln,

sondern nach dem Geist.

 

Eine Erinnerung

Eine der schönsten Dinge, die ich als Pfarrerin wohl tun darf, ist eine Taufe zu feiern. Es ist jedes Mal schön, festlich, anrührend. Ein bewusstes Begrüßen des neu geborenen Kindes im Leben. Eine bewusste Dankbarkeit für dieses Wunder. Ein zweites Mal geboren werden in Gottes Familie. In die Kirche. Menschen, die für dieses Kind Versprechen abgeben. Ein feierlicher Moment.

Manchmal ist die Rührung so groß, dass hier und da eine Freudenträne fließt, weil die Emotionen übergehen. Weil das Empfinden stärker wird, als unsere Vernunft.

Vor einigen Jahren feierte ich Taufe mit einer Familie, die sehr gläubig war und hochgradig ehrenamtlich engagiert, von der Großmutter bis zu den erwachsenen Enkelinnen. Alle halfen in irgendeiner Weise in der Gemeinde mit. Als das Urenkelkind getauft wurde, und wir das Wasser über den Kopf gossen, weinten alle. Von der Uroma bis zu den jungen Frauen. Sie nahmen wahr, welches Wunder da passiert, dass sich gerade die ganze Liebe Gottes über einen Menschen ergießt, dass Gott seinen Geist schenkt, der sie selber schon so oft getröstet hat und angeleitet. Alle waren zutiefst ergriffen, aber aus purer Freude. Diese Taufe bleibt mir in spezieller Erinnerung. Sie war nicht mehr als jede andere Taufe. Es ist das Gleiche passiert. Aber die Wahrnehmung war eine besondere.

Gott und sein Geist wurde wahrgenommen.

Paulus nimmt Gott und seinen Geist wahr, die Rettung durch Jesus, und teilt seine Freude mit seinen Worten an die Christen in Rom.

 

2. Teil, Dualismus

Die folgenden Verse von Paulus sind dualistisch aufgebaut. Schwarz-weiß-gedacht, könnte man sagen. Uns fällt das heute schwer, weil wir wissen, welche Ausgrenzung solches Denken zu oft mit sich brachte. Paulus aber, möchte hier betonen. Stellen Sie sich einen Maler vor, der eine Margerite malen will, mit ihren weißen Blättern. Das kann er nicht auf weißem Hintergrund. Er braucht ein farbiges Papier, oder muss erste eine Schicht Farbe aufbringen, um dann mit weißer Deckfarbe die Blütenblätter darzustellen. Dass man sie sieht. Paulus will die Kraft des Geistes sichtbar machen.

 

Texttheater

Denkst Du nicht weiter als dein eigen Fleisch und Blut? Dann bleibst Du in deinen eigenen Grenzen gefangen: fleischlich, sterblich.

 

Fühlst du, siehst du mehr als den äußeren Schein? Dann bist du im Raum des Geistes. Geistlich, lebendig.

 

Nur in seinen engen Grenzen leben, bringt am Ende den Tod.

Im Raum des Geistes leben, bringt Leben. Bringt wahren Frieden.

 

Nur irdisch leben, fleischlich, begrenzt,

macht blind.

Gott wird nicht erkannt.

Gott wird zum Feind.

Sein Wort wird nicht gehört, seine Liebe nicht angenommen.

Das kann Gott nicht gefallen.

Gott sieht die Lieblosigkeit. Gott hört den Hass. Gott schaut das Unrecht.

 

Darum: Spürt neu, und merkt euch: Ihr seid schon, ihr und ich, im Raum des Geistes.

Ihr wohnt schon mit Gott. Gott wohnt mit uns.

Ihr lebt schon in Gott. Gott lebt in uns.

Christus in euch. Gottes Geist in euch. Die Fülle. Das Leben.

 

Ohne Christus, kein weiter Raum.

 

Lesung, Röm 8, 5-9

5 Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt;

die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt.

6 Denn fleischlich gesinnt sein ist der Tod,

doch geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.

7 Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott,

weil das Fleisch sich dem Gesetz Gottes nicht unterwirft;

denn es vermag's auch nicht.

8 Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen.

9 Ihr aber seid nicht fleischlich,

sondern geistlich,

da ja Gottes Geist in euch wohnt.

Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.

 

Beispiel 2, ein altes Märchen, „Was wirklich zählt“

Ein reicher Mann dachte auch im Sterben nur an das, woran er sein Leben lang gedacht hatte: an sein Geld. Mit letzter Kraft löste er den Schlüssel vom Band, das er am Hals trug, winkte der Magd, deutete auf die Truhe neben seinem Lager und befahl ihr, den großen Beutel Geld in den Sarg zu legen. Im Himmel angekommen, sah er einen langen Tisch, auf dem die feinsten Speisen standen. „Sagt, was kostet das Lachsbrot?“ fragte er. „Eine Kopeke“ wurde ihm geantwortet. „Und die Sardine?“ „Genauso viel.“ „Und diese Pastete?“ „Alles eine Kopeke.“ Er schmunzelte. Billig, dachte er, herrlich billig hier im Himmel! Und er wählte sich eine ganze Platte aus. Doch als er mit einem Goldstück bezahlen wollte, nahm der Verkäufer die Münze nicht an. „Alter“, sagte er und schüttelte bedauernd den Kopf, „du hast wenig im Leben gelernt!“ „Was soll das?“, murrte der, „ist mein Geld nicht gut genug?“ „Da bekam er zur Antwort: „Wir nehmen hier nur das Geld, das einer verschenkt hat.“

 

3. Teil, Entfaltung des Heiligen Geistes

Texttheater

Christus in Euch. In Dir, in mir.

Und jetzt?

Der Geist in Euch. In Dir. In mir.

Und jetzt?

Leben um der Gerechtigkeit willen.

Jesu Schwester, Jesu Bruder sein.

Leben um der Gerechtigkeit willen.

Aufmachen, wenn jemand anklopft.

Geben, wenn jemand bittet.

Leben um der Gerechtigkeit willen.

Wie?

Weil wir wissen: Wir leben mit Gott ewig. Wir bauen Gerechtigkeit immer wieder. Wir werden auferstehen und seine Gerechtigkeit schauen.

 

10 Wenn aber Christus in euch ist,

so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen,

der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen.

11 Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat,

in euch wohnt,

so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat,

auch eure sterblichen Leiber lebendig machen

durch seinen Geist, der in euch wohnt.

 

Pfingsten, damals in Jerusalem.

Was passiert hier durch den Geist? Was passierte damals in Jerusalem am Pfingsttag.

Paulus in seinem 8. Kapitel absolviert einen Dreischritt. 1. Die Freude über Jesus Christus. 2. Die Abgrenzung: Ich will in Christus bleiben, nirgendwo sonst. 3. Die Entfaltung. Gottes Geist entfaltet sich in mir, ich lebe und helfe mit Gott.

Ganz ähnlich hören wir es von Ostern und Pfingsten: Erst folgen die Jünger begeistert Jesus, in Jerusalem nach Karfreitag und Ostern, bleiben sie unter sich, grenzen sich ab. Sie können nicht mehr ohne Jesus leben, ohne seine Anweisungen. Als hätte es ihn nie gegeben.

Dann Pfingsten: Entfaltung. Der Geist wird gegeben, Lebendigkeit kommt in die erste christliche Gemeinde. Sie erzählen und taufen, feiern und beten. So fing es an. So leben wir noch heute. Möge Gottes Geist auch uns neu erreichen, sich neu in uns entfalten für ein Mitwirken an Gottes Reich.

Gott hat sein Ziel nie vergessen, sein ewiges Reich. Möge der Geist uns neu die Begeisterung an der Herrschaft Gottes wecken.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Letzte Aktualisierung