Johanneskirche Alterlangen
Predigt zum Palmsonntag, 10. 4. 2022 über Johannes 17, 1-8
Liebe Gemeinde!
I.
Den klassischen Text zum heutigen Palmsonntag haben wir in der Lesung gehört:
Jesus zieht in Jerusalem ein. Er reitet auf einem Esel,
wie es der Prophet Sacharja für den König Israels, den Messias vorausgesagt hatte.
Und die Menschen in Jerusalem bejubeln Jesus und verherrlichten ihn als König:
„Hosianna! Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!“
Wenige Tage später spricht Pilatus zu den Juden:
„Seht, das ist euer König.“
Und diese antworten und schreien:
„Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn…“
Zwischen diesen beiden Szenen sind im Johannesevangelium die Abschiedsreden Jesu an seine Jünger überliefert, und zum Abschluss ein Gebet:
Die ersten Verse sind heute unser Predigttext.
Solches redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach:
Vater, die Stunde ist da: verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche; denn du hast ihm Macht gegeben über alle Menschen, damit er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast. Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue. Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin,
und sie glauben, dass du mich gesandt hast.
(Herr, gib uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz, Amen.)
II.
Ein Gebet Jesu an seinen Vater im Himmel - nach dem Abschiedsmahl mit seinen Jüngern und vor seiner Festnahme im Garten Gethsemane –
die anderen Evangelien überliefern da andere Gebete Jesu:
Bei Matthäus fleht Jesus im Garten Gethsemane dreimal:
„Mein Vater, ist’s nicht möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber…“ (36, 39) Vielleicht geht es Ihnen wie mir: Ich verstehe diesen Jesus so gut,
der leidet wie wir, der Angst hat und von seinen Freunden im Stich gelassen wird!
Jesus hob seine Augen auf zum Himmel…
Das Gebet Jesu an seinen Vater im Himmel ist kein inniges Gebet.
es wirkt dagegen seltsam abgeklärt.
Auf mich wirkt es eher wie ein Hymnus.
Den Christus-Hymnus des Paulus aus dem Philipperbrief habe ich vorhin im Gebet gesprochen.
Und ähnlich meditiert der Evangelist Johannes in Jesu Gebet sein Christuslob.
II a.
Verherrliche deinen Sohn, auf dass der Sohn dich verherrliche, bittet Jesus seinen Vater.
„Verherrlichen“ – wie oft finden wir diesen Begriff im Predigttext und überhaupt bei Johannes.
Im allgemeinen Sprachgebrauch meint er so viel wie
„jemandem das Ansehen eines Herrschers entgegenbringen, einem Herrscher die Ehre erweisen“.
So wie es die Menschen in der Szene vom Einzug in Jerusalem tun.
Wenn Jesus in unserem Text von „Verherrlichung“ spricht,
wenn Johannes diesen Begriff verwendet,
geht es um etwas anderes:
den zweiten, schweren, entscheidenden Teil der Sendung Jesu:
um die Rettung der Welt und der Menschen,
die Erhöhung zur ewigen Herrlichkeit.
Verherrliche deinen Sohn heißt dann nichts weniger
als Leiden, Tod am Kreuz und schließlich Auferstehung Jesu.
Es ist der Jesus, dem wir in unserer Gebetsecke hinten in der Kirche begegnen: Wir sehen die Wundmale an Händen und Füßen, die blutende Seite,
den gebrochenen Blick des dahingeschiedenen Jesus, die Dornenkrone,
– im goldenen Strahlenkranz – daraus leuchtet der verherrlichte Jesus.
II b.
Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit,
die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
Der Anfang des Johannesevangeliums klingt an,
der Anfang der Welt, der Schöpfungsakt,
als Gott das erste Wort sprach,
als das Wort Fleisch wurde und – in Jesus - unter uns wohnte.
Von Anbeginn der Zeit ist es Jesus bestimmt,
als Sohn Gottes Mensch zu werden,
wie die Menschen zu leben, zu leiden und zu sterben
und durch die Auferstehung zum Heil der Welt zu werden.
Damit wird wiederum der Vater verherrlicht,
als der alleinige und wahrhaftige Gott.
II c.
… so wie du ihm Macht gegeben hast über alle Menschen,
auf dass er ihnen alles gebe, was du ihm gegeben hast:
das ewige Leben
Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich,
der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast,
Jesus Christus, erkennen.
… das ewige Leben –
Wenn wir erkennen, glauben,
dass Jesus von Gott in die Welt gesandt ist,
beginnt für uns das ewige Leben,
ein Leben das schon jetzt und immer Zukunft hat!
Verherrlichung auch für die Menschen …
Vor einigen Wochen hat mich ein Film sehr berührt.
Er handelt von Pastor Uwe Holmer,
der 1990 nach der Wende dem Ex-Staatsratsvorsitzenden Erich Honegger und seiner Frau Margot in seinem Pfarrhaus Asyl gewährte.
Er war deshalb großen Anfeindungen ausgesetzt,
diese gipfelten in einer Bombendrohung.
Das Ehepaar Honegger lehnt es ab, sich in Sicherheit zu bringen, trotz der dringenden Bitten des Pastors.
Darauf bleibt er bei den beiden im Pfarrhaus, bis Entwarnung gegeben wird.
Für mich gibt das eine Ahnung von diesem ewigen Leben:
Holmers weiß sich in Gottes Hand, er riskiert den Tod,
weil er weiß, dass er ihn überleben wird.
Er ist schon hier im Leben mit Gott verbunden und in der Ewigkeit.
II d.
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart…,
Das Gebet Jesu zum Vater im Himmel wird zur Bilanz.
Er hat auf der Erde den Namen Gottes offenbart,
den ewigen Gott und Schöpfer den Menschen gepredigt
Die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.
Die Worte - mir fallen dabei die Ich-bin-Worte ein,
die Johannes überliefert:
Ich bin der gute Hirte, ich bin der Weinstock,
ihr seid die Reben,
ich bin das Brot des Lebens und das Licht der Welt,
ich bin die Tür, der Weg
und ich bin die Auferstehung und das Leben.
Worte, die du mir gegeben hast -
wunderbare Bilder leuchten im Hymnus auf,
erinnern daran, wer Jesus ist und was er für Johannes und für uns und unser Leben bedeutet.
III.
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart…,
um die Menschen ging es Jesus,
und um die Menschen geht es auch Johannes.
Er schreibt ja den frühen Christen auf, wie ihm Jesus Christus offenbart ist.
das ist Jesu Bilanz.
Die Ereignisse im Garten Gethsemane bis nach Jesu Kreuzestod zeichnen ein anderes Bild.
Jesu Anhänger fliehen und verstecken sich, für sie ist Jesus gescheitert.
Erst die Botschaft von der Auferstehung,
die Begegnungen der Jünger mit dem Auferstandenen lassen eine Gemeinde der Gläubigen entstehen.
Sie mussten ihren Glauben erst finden,
das wissen wir aus den Briefen des Paulus und der späteren Briefschreiber.
Sie haben dein Wort bewahrt.
Nun wissen sie …
Sie haben die Worte … angenommen und wahrhaftig erkannt,
und sie glauben –
Das Credo von Christus, Mensch und Gottes Sohn
vom Auferstandenen, dem Verherrlichten
wird in Johannes‘ Zeit von manchen in Zweifel gezogen.
Deshalb formuliert Johannes Jesu Worte so eindringlich,
sie sind ja an die Christen seiner Zeit gerichtet,
und so eindringlich klingen sie mir für heute in den Ohren:
Glaubt und ihr habt das ewige Leben.
Die Stunde ist da.
Zu Beginn der Karwoche und in dieser Zeit der Bedrohung, der Gewalt und großen Leids
für die Menschen in der Ukraine, in Europa und in der Welt
erinnern wir uns daran,
dass Jesus auch und für sie alle gelitten hat,
und blicken wir voll Trost und Hoffnung auf Ostern:
Jubeln wir mit beim Einzug in Jerusalem,
verherrlichen wir Jesus Christus auf dem Esel, am Kreuz
und über dem leeren Grab,
- gegen die Selbstherrlichkeit der Herrschenden dieser Welt,
gegen die Glorifizierung von Stärke, Macht und Gewalt,
gegen allen Stolz auf angebliche Größe und Ehre.
Im Blick auf die Ewigkeit bedeutet dies alles nichts.
Setzen wir unser Vertrauen auf eine ganz andere Macht,
verherrlichen wir in Christus einen anderen Herrscher, den Herrscher.
Vertrauen wir auf ihn und beten wir:
Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
Prädikantin Friedegard Brohm-Gedeon
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