Predigt vom 15. November 2020

Predigt zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahrs 15. 11. 2020
Johanneskirche Erlangen


Lukas 16, 1-9
1 Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz. 2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. 3 Da sprach der Verwalter bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. 4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. 5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 6 Der sprach: Hundert Fass Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. 7 Danach sprach er zu dem zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Der sprach: Hundert Sack Weizen. Er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig. 8 Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte. Denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts. 9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Liebe Gemeinde!

I Fragen
Lob für einen ungerechten Verwalter….
Lob für die klugen Kinder dieser Welt….
Freundschaft mit dem ungerechten Mammon….
Das alles entspricht nicht so ganz den Erwartungen,
an die Geschichten in den Evangelien …
an ein Gleichnis, das Jesus seinen Jüngern erzählt…
Fragen tauchen auf:
Wer ist hier klug/ klüger und warum?
Wie ist das mit den Kindern der Welt
und den Kindern des Lichts?
Wozu zählen wir uns?
Und zu allererst: Ist der Verwalter, um den es geht, ein ungerechter Verwalter?
Versuchen wir ihn doch zu verstehen:

II. Der Verwalter – gerecht oder ungerecht?
Traurig geht der Verwalter vom Gutshof.
Er wirft einen letzten Blick auf die Felder und Stallungen,
die Wirtschaftsgebäude, das geräumige Haus des reichen Herrn.
Die Schlüssel hat er auf seinem Schreibtisch liegen gelassen,
dort, wo er so oft saß, Rechnungen prüfte,
Kalkulationen durchrechnete, Verträge erstellte.
Er war voller Eifer dabei,
zum Besten seines Herrn und seiner Untergebenen das Richtige zu tun.
Bis man ihn beim Gutsbesitzer beschuldigte,
er verschleudere ihm seinen Besitz
.
Der zitierte ihn zu sich,
forderte Rechenschaft von ihm und entließ ihn.
Er weiß ganz klar:
Die Verantwortung für sein Handeln kann er nicht abgeben.
Wie es mit seiner Berufslaufbahn weitergeht, ist offen, aber …
er weiß, was er tun will,
damit sie
ihn in ihre Häuser aufnehmen.
Der Bauer kann es noch gar nicht fassen.
Er hält den zerrissenen Schuldschein in der Hand.
Auf dem neuen steht:
80 Sack Weizen, keine 100 Säcke,
die er eigentlich schuldig gewesen wäre.
Aber die Ernte war so schlecht.
Es hat zu wenig geregnet im Sommer.
Wie sollte er die 100 Säcke aufbringen,
die er dem Gutsbesitzer schuldete.
Er konnte schon nachts nicht mehr schlafen.
Fürchtete, seinen Hof verkaufen
und als Schuldsklave arbeiten zu müssen.
Da kommt  der Verwalter
und erlässt ihm ein gut Teil seiner Schulden!
Der Mann ist in Ordnung.
Er hat das Herz am rechten Fleck.
„Also, wenn der mal Hilfe braucht, bin ich da“, denkt der Bauer.
III. Handeln wir gerecht oder ungerecht – Episode 1
Und der Herr lobte den ungerechten / oder doch eher gerechten? Verwalter,
weil er klug gehandelt hatte.

Vor einigen Wochen machte ich an einem Vormittag Urlaubsvertretung im Pfarrbüro.
Ein paar Anrufe gab es zu erledigen
und Besucher zu empfangen.
Im Innenhof stand eine Familie:
Vater, Mutter, ein Kleinkind auf dem Arm und eine ältere Frau, wohl die Großmutter.
Wie sie mir erzählten,
haben sie nichts zum Essen und zum Leben.
Sie bitten um etwas Geld, um für die große Familie einzukaufen.
Weisungsgemäß frage ich, ob sie in Erlangen gemeldet sind,
nur dann darf ich ihnen einen Gutschein für den Supermarkt aushändigen.
Sie haben keine Meldebestätigung,
leben irgendwo an der Straße
und hoffen auf die Barmherzigkeit der Menschen – besonders bei der Kirche.
Viele solche Durchzügler aus Ungarn, Rumänien oder sonst woher gibt es  in Erlangen,
sie sind schon zur Über-Belastung für die Sozial-Budgets der Gemeinden geworden.
Es gibt Absprachen zwischen Sozialberatungsstellen und Pfarrämtern,
diesen Menschen nichts mehr zu geben.
Die Almosen würden nur ein System stützen,
das sie und ihre Kinder in menschenunwürdiger Abhängigkeit hält.
Das klingt vernünftig…
Die inständigen, flehentlichen  Bitten lassen mich trotzdem nicht unberührt,
aber ich muss sie wegschicken.
Einige Tage später steht ebendieser Mann
bei mir vor der Tür in unserer Reihenhaussiedlung,
seine Frau kommt auch um die Ecke.
Sie bitten um Geld zum Essen und zum Leben… 
Ich packe etwas Brot, Käse und Salami zusammen,
dazu ein paar Äpfel
und gebe ihnen alles,
sie ziehen mit einem Danke davon…zur nächsten Haustür…
Was war hier gerecht oder ungerecht?
IV. Handeln wir gerecht oder ungerecht – Episode 2
Die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger…
Ohne Mammon geht da nichts...
Der Baumwollpflücker auf den Feldern in Peru
und die Näherin in den Textilfabriken in Bangladesch –
sie arbeiten ohne geregelte Arbeitszeit und Arbeitsschutz zu einem Hungerlohn.
Die Gewinnmargen liegen im Zwischenhandel und im Laden-Verkaufspreis.
Hier wird Profit auf Kosten anderer gemacht mit ungerechtem Mammon. –
So läuft es unter den „Kindern dieser Welt“…
Sind sie klug?
Die Welt wird auf absehbare Zeit mit dem Mammon leben,
aber sie kann damit auch für mehr Gerechtigkeit sorgen.
Es gibt Textilien, für die auch Baumwollpflücker und Näherinnen einen guten Lohn erhalten haben.
Geld kann man verantwortungsvoll und zum Segen für andere ausgeben.
Gerechter Mammon von Kindern des Lichts?

V. Handeln wir gerecht oder ungerecht – Episode 3
Es ist so eine Sache,
zwischen gerechtem und ungerechtem Mammon zu unterscheiden….
In Corona-Zeiten ist uns die prekäre Lage der vielen Flüchtlinge auf der Welt fast aus dem Blick geraten.
Die Menschen in den Booten auf dem Mittelmeer wurden fast aus unserem Bewusstsein verdrängt.
Aber es gibt sie noch.
Natürlich, die Menschen riskieren bewusst ihr Leben,
ein Leben, das in ihrer Heimat keine Perspektive hat,
ein Leben ohne Dach über dem Kopf…
sie riskieren es für die Chance auf ein besseres Leben.
Wir wissen,
dass die Fluchtursachen letzten Endes auch auf unser Konto hier in Europa gehen, auch in unserer Verantwortung liegen.
Trotzdem verweisen wir auf die profitgierigen Schleuser
und schotten uns lieber ab.
Viel zu selten gibt es Menschen wie diesen Verwalter,
der sich nichts über die Situation vormacht,
der überlegt, was zu tun ist. Und zwar jetzt!
Es muss Rettung für die flüchtenden Boat-People geben.

VI. Freund mit dem Mammon
Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, sagt Jesus.
Ist er nicht auch Freund des ungerechten Mammons,
wenn er mit Zöllnern und Sündern zu Tisch sitzt?
Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, sagt Jesus,
damit, wenn er zu Ende geht,
sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Also: Keine Berührungsängste zeigen,
man kann das, was Gott uns anvertraut hat, -auch den Mammon- ,
so verwenden, dass er dem Guten dient,
damit er einen Wert in der Ewigkeit hat.
Vorhin hörten wir aus dem Matthäus-Evangelium
aus Jesu Endzeit-Rede vom großen Weltgericht,
Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit…
und alle Völker … vor ihm versammelt werden.

Auch da ist Verantwortung übernehmen gefragt…
Wir sind auch Kinder dieser Welt.
Nichts, was wir tun, ist ohne Sünde.
Die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger, sagt Jesus.
Sie schauen nach vorn, auch auf den eigenen Vorteil, und handeln.
Und die Kinder des Lichts
als solche verstehen wir uns doch auch –
ja, was tun sie im Blick auf das Wiederkommen des Messias….?
VII. Der gerechte Verwalter
Zurück zu unserem Verwalter, er sitzt inzwischen im Wirtshaus:
Der Wirt stellt ihm ein Glas Rotwein auf den Tisch.
„Das geht aufs Haus“, sagt er.
„Du siehst aus, als könntest du heute was Kräftiges gebrauchen.“
Der Verwalter nickt, und nimmt einen Schluck vom Wein.
Er spürt die süße Wärme des Alkohols - und auch die Zuversicht.
Es wird weitergehen.
Da ist er sich auf einmal ganz sicher.
Güte ist niemals vergebens.
Barmherzigkeit zu verschwenden wird niemals ohne Folgen bleiben.
Jesus hat uns diese Verschwendung vorgelebt.
Andere haben ihm vorgeworfen,
er verschleudere das Vermögen seines Herrn,
er sei zu verschwenderisch mit der Gnade Gottes,
er erlasse Leuten einfach so ihre Schulden, ohne Gegenleistung, ohne Mühe. -
Da können wir doch von ihm lernen, als Kinder des Lichts...
Verschwenderisch barmherzig sein!
Manchmal beide Augen zudrücken! Güte vergeuden!
Geiz, Profitgier und Bedenkentragen in Strömen der Liebe versenken.
Wir werden dabei Fehler machen – hoffentlich aus ihnen lernen.
Und was die „ewigen Hütten“ betrifft:
Jesus sagt es uns:
In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? 3 Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf dass auch ihr seid, wo ich bin. (Joh. 14, 2f)

Amen.

                                                           Prädikantin Friedegard Brohm-Gedeon

 

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